Südafrika. Mpume Mqwebu ist ein bekannter Name in der Food-Szene Südafrikas. Die umtriebige Chef-Köchin liebt traditionelle, teils schon in Vergessenheit geratene Zutaten, aus denen sie moderne Gerichte kreiert. Sie fördert Urban-Farming-Projekte und Fraueninitiativen, veranstaltet Koch-Events und sogar ein Festival. Ein Besuch bei der vielseitig engagierten Köchin und Unternehmerin.
Nompumelelo Mqwebu – ihre Freunde nennen sie Mpume – ist eine Frau, die genau weiß, was sie will. Während sie mit der rechten Hand Kräuterbüschel prüft, presst sie mit der linken Hand das Handy ans Ohr. Mit einem Kopfnicken und gleichzeitigem Hochziehen der Augenbauen ordert sie Minze, Salbei und Basilikum, während sie Anweisungen in ihr Handy spricht. Die 42-Jährige trägt ein T-Shirt mit dem Schriftzug „Crew“. Doch Mpume ist kein Crew-Mitglied. Mpume ist ein Chef – genauer gesagt eine Chef-Köchin – und dazu noch eine der Angesagtesten ihres Heimatlandes. Seit ein paar Jahren wirbelt sie die Food-Szene Südafrikas mächtig durcheinander.
Dabei hat Mpume gar kein eigenes Restaurant. Stattdessen ist sie eine kulinarische Botschafterin und ständig auf Achse, um bei Events und Veranstaltungen auf der ganzen Welt die Küche ihrer Heimat zu repräsentieren. 2014 hat sie in Südafrika auch das Mzansi International Culinary Festival gegründet. Einmal im Jahr treffen sich Köche und Foodies verschiedenster Länder und Kulturen des Kontinents, um die afrikanische Küche zu feiern, sich auszutauschen und um ein Bewusstsein für die traditionelle Küche Afrikas zu schaffen.
Das diese ihr am Herzen liegt, zeigt Mpume auch mit ihrem preisgekrönten Kochbuch, in dem sie authentische südafrikanische Gerichte sammelt und neu interpretiert. Hauptberuflich veranstaltet die 42-Jährige mit ihrer Agentur „Africa Meets Europe Cuisine“ private Koch-Events und Kochkurse für Gruppen von zwei bis zwanzig Personen. Dabei bildet sie auch Junior-Köche aus und unterstützt verschiedene Fraueninitiativen und Urban-Farming-Projekte.

Eines davon ist im Township Alexandra ansässig. Im Schatten der Wolkenkratzer von Johannesburg baut eine Frauenkooperative auf Feldern mitten im Township Salat, Kürbis, Süßkartoffeln, Chili und Paprika an. Madame Violet umarmt Mpume zur Begrüßung wie eine alte Freundin. Die Farmerin hat mit Mitte fünfzig ihren Job als Interior Designerin hingeschmissen, um hier Kräuter und Gewürze anzubauen. Sie lächelt, als Mpume ihre aromatische Minze lobt. „Ich bin zwar arm, aber ich habe Hände, um das zu tun, was ich liebe“, sagt sie. Seit vier Jahren arbeitet Madame Violet schon in dem Projekt. Aktuell beliefert sie sieben Restaurants mit ihren Bio-Kräutern. Und einmal im Monat veranstaltet sie mit den anderen Teilnehmern der Kooperative einen Farmer-Markt in der Innenstadt von Johannesburg. „Wir wollen das Stadtzentrum und die Farmer von Alexandra zusammenbringen“, sagt Madame Violet.
Das dies funktioniert, zeigt auch die Zahl ihrer Angestellten. Drei Männer aus Malawi helfen ihr mittlerweile beim Anbau und Trocknen der Kräuter. „Wir können hier nicht auf die Regierung warten, sondern müssen selber tätig werden“, sagt Madame Violet, während sie Mpumes Einkäufe verpackt. Als diese sich von der Township-Farmerin verabschiedet, hat sie ein riesiges Packet frischer Kräuter unter dem Arm, die wenig später in der Küche eines befreundeten Paares für die Gäste aus Deutschland verarbeitet werden.

Während Mpume auf dem Küchenblock Geranien-Sorbet mit Rotbuschtee anrichtet, erzählt sie von ihrer Kindheit in Kwa-Zulu-Natal. Ihre Großmutter betrieb dort einen Diner und ihr Vater hat sein Geld als Koch auf Schiffen verdient. „Unsere ganze Familie hat sich die Woche über auf seine Sonntagsmenüs gefreut. Ich habe als kleines Mädchen schon viele ausgefallene Dinge gegessen“, sagt Mpume. Als junge Erwachsene stellt sie fest, dass die traditionellen Gerichte ihrer Kindheit in den Restaurants und Bars Südafrikas nicht mehr gekocht werden. „Viele Einheimische kennen zum Beispiel Amadumbe nicht“, sagt Mpume. Amadumbe ist der Zulu-Name für die Taro-Pflanze, deren stärkehaltigen Rhizome gekocht und gegessen werden. In Deutschland ist Topinambur der Taro-Pflanze ähnlich. Für Mpume hat die Apartheid einen wesentlichen Anteil an dem Verlust vieler traditioneller Gerichte. „Durch die Separation musste jede Kultur in ihrem kleinen Bereich leben. Da haben die Menschen buchstäblich nicht mehr über den Tellerrand geschaut“, sagt Mpume.
Die 42-Jährige hat Amadumbe wieder hoffähig gemacht. Vor den Augen der Gäste breitet Mpume aus den Rhizomen Gnocchi zu, die sie mit würziger Gorgonzola-Soße zum Straußenfilet serviert. „Ich nehme gerne traditionelle Zutaten und mache sie modern“, sagt Mpume. Amadumbe ist nur ein Beispiel für die Zutaten oder auch Zubereitungsarten, die in der südafrikanischen Küche an Bedeutung verloren haben. Samp gehört auch dazu. Aus den getrockneten und grob zerkleinerten Maiskörnern bereitet Mpume ein Risotto, welches perfekt zu saftigem Rinderfilet und würzigem Relish passt. In den vergangenen Jahren ist Mpume kreuz und quer durch Südafrika gereist, hat Farmer auf ihren Höfen besucht und dort nach alten Obst-, Gemüse- und Kräuter-Sorten gesucht. Fündig geworden ist sie nur selten. Die meisten Farmer produzieren für den Massenmarkt. Da haben Amadumbe & Co. einen schweren Stand.

2012 ging Mpume für ein halbes Jahr nach Irland, um in der Kochschule und auf dem Bio-Bauernhof von Darina Allen zu hospitieren. „In der Ballymaloe Cookery School habe ich gelernt, dass ich nicht erst in der Küche, sondern schon beim Anbau der Produkte ansetzen muss“, sagt Mpume. Zurück in Südafrika schulte sie Farmer in nachhaltigen und ökologischen Anbaumethoden. „Bio ist kein Trend. Es ist die Rückbesinnung auf die Methoden unserer Vorfahren“, sagt Mpume. Auch deswegen arbeitet sie eng mit 16 Township-Farmern zusammen. Von Frauen wie Madame Violet bezieht sie den Großteil der Zutaten für ihre Koch-Events.
Auch die meisten Zutaten für ihre Dessert-Variation stammen von den Feldern der Townships. Die Früchte des Baobab-Baumes sind da eine Ausnahme. „Affenbrotbäume wachsen vor allem in der Limpopo-Region“, sagt Mpume, während sie die wie ein Flaschenkürbis aussehende Frucht des Baumes in den Händen hält. Aus ihnen hat Mpume eine Art Käsekuchen zubereitet. „Baobab-Früchte haben mehr Vitamin C als Kiwi“, sagt Mpume.
Isijingi heißt der zweite Teil des Desserts. Der Pudding aus Kürbis, Maismehl, Zimt und Sahne dampft in einem kleinen Topf auf dem Herd. „Wir kennen in unserer traditionellen Küche keinen Zucker. Kürbis, Honig oder Beeren verleihen den Gerichten Süße“, sagt Mpume. Vorsichtig probiert sie den heißen Pudding. Mit geschlossen Augen lässt sie den Geschmack auf sich wirken. Dann nickt sie zufrieden. „Diesen Pudding hat meine Großmutter immer an Regentagen für uns gekocht“, sagt Mpume und lächelt.

Informationen:
Anreise: South African Airways fliegt täglich nonstop von Frankfurt und München nach Johannesburg. Preise und Infos unter www.flysaa.com
Unterkunft: Faircity Mapungubwe Hotel, 50 – 54 Marshall Street, Marshalltown, Johannesburg . Modern eingerichtetes Boutiquehotel in zentraler Lage.
Infos und Kontakt zu Nompumelelo Mqwebu
Deutschsprachige Informationen zu Südafrika
Veröffentlicht im 360° Afrika-Magazin 04/19