
Natur Um den Bobab mit seiner ausladenden Krone ranken sich viele Legenden. Tatsache ist, dass aus ihm Nahrung und Medizin für Mensch und Tier gewonnen wird.
Die Menschen in Afrika haben viele verschiedene Namen für den Baobab. Einer davon ist „upside down tree“ – der Baum, der auf dem Kopf steht. „Die ausladenden Kronen sehen aus wie die Wurzeln des Baumes“, erklärt Gebhard, der sich um den 750 Jahre alten Baobab von Ombalantu (Hier geht es zur ausführlichen Reportage), einer Region im äußersten Norden Namibias kümmert.
Es gibt viele verschiedene Deutungen und Vermutungen, wie die Bäume zu ihrem charakteristischen Aussehen gekommen sind. Einer Legende nach hat der Teufel die Baobab ausgerissen und mit der Baumkrone zuerst wieder in den Boden gesteckt. Einer anderen Erzählung zur Folge wollte der Affenbrotbaum bei seiner Erschaffung schöner sein als alle anderen Bäume. Als ihm dies von den Göttern verwehrt wurde, vergrub er den Kopf im Boden und streckt bis heute trotzig seine Wurzeln gen Himmel. In einer weiteren Geschichte ist eine Hyäne Schuld am Aussehen des Baobab. Als das erste Tier dieser Art sein Antlitz in einer spiegelnden Wasserfläche sah, erschrak es ob seiner Hässlichkeit. Vor Wut darüber riss die Hyäne einen Baobab aus und schleuderte diesen den Göttern entgegen. Der Baum fiel auf die Erde zurück und blieb mit den Wurzeln nach oben im Boden stecken. Soweit die Legenden. Das Wort Baobab leitet sich dagegen nachweislich von dem arabischen Wort „bu-hibab“ ab, was so viel heißt wie „Frucht mit vielen Samen“. „Wir Ovambo nennen die Bäume einfach Omakwe“, sagt Gebhard und lacht. Vorsichtig hält der 38-Jährige eine Baobab-Blüte zwischen den Fingern. Das handtellergroße Gewächs mit der wachsig-weißen Farbe verströmt einen intensiven und süßlichen Aasgeruch.

Affenbrotbäume sind nicht nur in Namibia heimisch. Die zur Familie der Malvengewächse gehörende Art ist in den trockenen Baumsavannen des afrikanischen Tieflandes südlich der Sahara und auf Madagaskar verbreitet. Die frostempfindlichen ansonsten aber sehr widerstandsfähigen Baumriesen wachsen in den Steppen Westafrikas genauso wie in den Savannen des Ostens und kommen im südlichen Afrika sogar bis nach Transvaal hinein vor.
In der afrikanischen Mythologie und der Lebenswelt der Menschen sind die Baumriesen bis heute tief verwurzelt. So werden die bizarr aussehenden Gewächse im nördlichen Ghana als Treffpunkt der Ahnen von den Lebenden sorgfältig gehegt und gepflegt. Und in vielen Dorfgemeinschaften fällen Stammesräte im Schatten der Bäume wichtige Entscheidungen und Beschlüsse. Im westafrikanischen Staat Senegal hat der Baobab es sogar bis ins Landeswappen geschafft.
Wegen ihrer mächtigen Stämme und dem bizarren Erscheinungsbild werden die Bäume aber oft älter geschätzt, als sie wirklich sind. So glaubte der schottische Missionar David Livingstone in den 1850er Jahren am Sambesi einen mindestens 4000 Jahre alten Affenbrotbaum entdeckt zu haben. Dies halten Wissenschaftler für ausgeschlossen, Baobab mit einem Alter von rund 1000 Jahren sind aber nachgewiesen. Im Durchschnitt werden die Bäume mehrere hundert Jahre alt.
„Baobab haben einen großen Nutzen“, sagt Gebhard. So speichert ein ausgewachsener Affenbrotbaum mehrere tausend Liter Wasser in seinem Stamm und kann damit in Trockenzeiten zu einem wichtigen Flüssigkeits-Spender für Mensch und Tier werden. Dies wissen auch Elefanten, die die Stämme mit ihren Stoßzähnen anbohren, um an die Flüssigkeit im Innern zu gelangen.

Vorsichtig legt Gebhard die Blüte auf den Boden und zupft ein paar junge Blätter von einem tiefhängenden Ast. „Daraus wird Suppe gekocht. Die Blätter schmecken ein wenig wie Spinat“, sagt der 38-Jährige. Die säuerlich schmeckenden Früchte dagegen liefern den Menschen wichtiges Kalzium und Vitamin C. Das poröse Fruchtfleisch wird von Samen und Strängen gesäubert, getrocknet und schließlich mit Milch oder Hirsebrei gegessen. „Und die junge Rinde der Bäume wird zum Fermentieren von Milch genutzt“, erklärt Gebhard.

Doch nicht nur auf dem Speiseplan der Menschen sondern auch in der traditionellen afrikanischen Medizin hat der Baobab seinen festen Platz. „Die Blätter helfen bei Magen-Problemen und Durchfall“, sagt Gebhard. Die stark vitaminhaltigen Früchte dagegen beugen Infektionen vor, und die Samen des Baobab sollen unter anderem Zahnschmerzen, Leberbeschwerden und Malaria-Erkrankungen lindern. Deshalb heißt der Baobab im Volksmund auch „Tree of Life“ – Lebensbaum.
„Mein Freund, der Baum“ – Reportage über den ältesten Baobab Namibias
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„Hinter dem Zaun fängt Afrika erst richtig an“ – Ovamboland-Reportage
Veröffentlicht in „Südwest Presse“, März 2018