Uganda. Shafik hat noch einmal Glück gehabt. Nur knapp ist der kleine Junge aus Uganda einer Opferung entkommen. Der Neunjährige war beim Spielen vor seinem Elternhaus von einem „Zauberdoktor“ entführt und bereits für das grausame Ritual präpariert worden. „Ich musste mich nackt ausziehen. Dann wurde mein ganzer Körper mit Kräutern eingerieben“, erzählt der Junge von seinem Martyrium in einem Zeitungs-Interview.
Einzig die Tatsache, dass er beschnitten war, hat Shafik wohl das Leben gerettet – die Entführer haben den Jungen einfach wieder auf der Straße ausgesetzt. Für die grausamen Rituale kommen scheinbar nur vollkommen „makellose“ Kinder in Frage. Nach einer Legende, deren Ursprünge in Westafrika vermutet werden und die in Verbindung mit dem dort entstandenen Voodoo-Kult gebracht wird, soll die Opferung von Kindern Geschäftsleuten ein florierendes und erfolgreiches Unternehmen garantieren und Schaden von der Firma abwenden. Dabei werden Kinderkörper oder deren innere Organe in die Fundamente von Geschäftsräumen einbetoniert.
„Es ist kein Gerücht, sondern passiert tatsächlich“, bestätigt der stellvertretende Staatspräsident, Gilbert Bukenya, die Kinderopfer. Bukenya betont aber, dass die Ritualmorde – die immer öfter nicht nur an Kindern vollzogen werden – ein neues Phänomen in Uganda seien. „Wir versuchen selber noch herauszubekommen, was dahinter steckt“, so der Vizepräsident. Doch das Schicksal des kleinen Shafik ist kein Einzelfall. Mindestens 18 Fälle aus dem vergangenen Jahr seien der Regierung bekannt, so der Vizepräsident.
Einer davon dürfte der Mord an dem siebenjährigen Bwenge Ende Oktober 2008 sein. Knapp eine Woche nach seinem Verschwinden wurde die entstellte Leiche des kleinen Jungen gefunden. Bwenge waren in einer rituellen Zeremonie Zunge und Herz herausgeschnitten worden. Aktuell werden in Uganda 45 Menschen, die meisten davon Kinder, vermisst. Allein im Februar dieses Jahres wurden sieben Menschen das Opfer der brutalen Ritualmorde. „Wir versuchen mit allen Mitteln, die Hintergründe der Kinderopfer aufzuklären“, kündigt Bukenya ein hartes Vorgehen der Regierung an.
In einem ersten Schritt habe man im vergangenen Jahr bereits die Gesetze verschärft. Darüber hinaus hat die Polizei in Kampala jetzt eine 15 Mann starke Sondereinheit zur Bekämpfung von Ritualmorden aufgestellt. Anlass ist der Fall einer jungen Frau, deren enthaupteter Körper in der ugandischen Hauptstadt Kampala gefunden wurde. Der im Zusammenhang mit der Tat festgenommene „Zauberdoktor“ gab bei seiner Vernehmung an, seine „Kunden“ hätten ihm die Frau gebracht, weil sie hofften, nach der rituellen Opferung einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Veröffentlicht im „Mannheimer Morgen“, 14. August 2009